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Hl. Nektarios von Pentapolis, (9. November), aus der Homilie "Über die wahre Freiheit"*

Die Freiheit des Menschen folgt aus seiner Bestimmung auf Erden


Der Mensch, dazu erschaffen, das unendlich große Bild des Göttlichen Schöpfers

auf Erden im Kleinen abzubilden, mußte notwendigerweise mit den Eigenschaften Gottes ausgerüstet sein, damit er in allem auf Gott Selbst hin geordnet, auf Ihn bezogen war. Als Abbild Gottes mußte der Mensch ein seiner selbst bewußtes, freies und seiner selbst mächtiges Wesen sein, denn ein Wesen ohne Bewußtsein seiner eigenen Existenz, ohne Freiheit, ohne Macht über sich selbst, wäre der ihm durch den großen Ratschluß des Göttlichen Schöpfers vorbehaltenen hohen Berufung unwürdig.


Die Freiheit des Menschen ist mithin die notwendige Konsequenz seiner erhabenen

Sendung, seiner Erschaffung und seines Erscheinens in der Welt, und deshalb eine

notwendige und ehrwürdige Gabe. Ohne Freiheit wäre der Mensch von gleichem Rang wie

die anderen Lebewesen, sein Tun wäre der Knechtschaft unterworfen und ebenso sein

Denken, das sich in einem begrenzten Kreis bewegen und umherstreifen würde. Die Ideen des Guten und Rechten wären ihm unbekannt, und er würde nicht wissen, was schändlich ist, was schlecht, was unwahr. Er hätte keine Macht zum Handeln aus freiem Entschluß, keine Möglichkeit, herauszutreten aus dem begrenzten Kreis der angeborenen Triebe.


Die Unkenntnis des Guten, des Rechten und des Wahren würde den Menschen zu einem

ethiklosen Wesen machen, sodass die Ethik für ihn ein Wort ohne Sinn wäre, da sein Tun

ethisch neutral und deshalb unqualifizierbar wäre. Wegen ihrer Neutralität und Unterschiedslosigkeit wiederum würden seine Taten keinerlei Gefühl oder Eindruck erwecken im Verstand oder im Herzen des Menschen. Und auf Grund dieses Mangels wäre das Herz gefühllos und der Verstand träge und untätig.


Diese Gefühllosigkeit und diese Trägheit aber würden sich herabsenken wie dunkle

Wolken und das wunderbare Bild des Göttlichen Schöpfers überdecken, das Seine

schöpferische Hand so strahlend und mit so bewundernswerter Kunstfertigkeit geschaffen hat und in welchem Seine Gutheit, Weisheit und Kraft so hell leuchten. Diese Wolken würden ihn hindern, seinen Bildner, den Schöpfer aller Dinge zu schauen und zu erkennen. So würde der Mensch nichts wissen von Gott und von seinen eigenen göttlichen Eigenschaften, und deshalb vermöchte die Schöpfung niemals mit Wissen und Bewußtsein Gott zu verherrlichen, zu besingen, zu lobpreisen und Ihm zu danken.


Der Mensch wurde erschaffen, damit er Gott abbilde auf Erden. Gott gestaltete ihn als

geistiges und seiner selbst mächtiges Wesen, damit er Seinen Willen erfülle, den Er in sein

Herz einschrieb, und gab ihm auch einen eigenen Willen. Zweck seiner Erschaffung war, dass [durch ihn] die Schöpfung Gott erkenne. Er wurde mithin erschaffen, damit er seinen Bildner und Schöpfer erkenne. Er wurde erschaffen, damit er sich zu Gott erhebe, Gott verherrliche.


Er wurde erschaffen mit dem Zweck, dass die von Gott erschaffene Schöpfung mit vollem

Bewußtsein ihren Göttlichen Schöpfer lobpreise. Seine Macht über sich selbst, sein geistiges Wesen und seine Freiheit, die ihn zu ethischem Handeln befähigt, wurden ihm mithin dazu gegeben, seine hohe Bestimmung zu erfüllen, seine hohe Sendung, die Erde zu verbinden mit dem Himmel, und nicht abzuweichen nach rechts oder nach links, sondern voranzuschreiten auf dem geraden Weg durch das Tun allein des Guten, das in sein Herz eingeschrieben ist und das er auch spontan von sich aus liebt.


Tut er aber etwas anderes und weicht ab von seiner Bestimmung, wird er unfrei und

„macht sich den vernunftlosen Tieren gleich“ (s. Ps 48,13 und 48,21). Der Mensch ist

wahrhaft frei, solange er sich nicht entfernt vom Guten, solange er seinen eigenen Willen dem Willen Gottes angleicht. Doch sobald er abweicht vom geraden Weg, wird er zu einem

unfreien Wesen, und seine Freiheit ist nichts mehr als eine Vortäuschung von Freiheit, eine

Pseudo-Freiheit.



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